Drei Städte: Soziale Netzwerke, soziale Unterstützung, familiäre Lebensformen und Kinderbetreuung in deutschen Großstädten - Eine Replikation der Studien von Martin Irle und Elisabeth Pfeil aus den 60er Jahren - Social networks, social support...
Anfang der siebziger Jahre gab es eine Reihe empirischer Untersuchungen zur Entwicklung sozialer Beziehungen und familiärer Lebensformen in europäischen Großstädten. Im Gegensatz zu der damals weit verbreiteten Annahme, dass Beziehungen und familiäre Strukturen in städtischen Milieus besonders brüchig seien, konnten Autoren wie Martine Irle, Leopold Rosenmayr oder Elisbaeth Pfeil zeigen, dass die Beziehungen in diesen städtischen Milieus zum Teil recht stabil waren.
In der heutigen soziologischen Theoriediskussion wird wiederum das Zerbrechen von Ligaturen und familiären Beziehungen behauptet und ist inzwischen auch Teil der öffentlichen Wahrnehmung von Familie und Sozialbeziehungen geworden. Aus diesem Grunde wurde in dem Projekt eine Replikation der damaligen Forschungen in den gleichen Quartieren deutscher Städte (Hamburg und Stuttgart) durchgeführt. In Anlehnung an die Studien von Pfeil (1965) und Irle (1960) wurden in der ersten Projektphase in den entsprechenden Quartieren die Sozialbeziehungen vom Eltern mit Kindern unter 18 Jahre - die noch im Haushalt leben - erhoben, um Aussagen zum zeitlichen Wandel des Untersuchungsgegenstandes machen zu können.
Zusätzlich wurden noch zwei weitere Quartiere in Berlin in die Befragung involviert. In der nun beantragten zweiten Förderphase des Projektes wird ein Quartiersvergleich mit den erhobenen Daten angestrebt, um zu verdeutlichen, dass sozialräumliche Variablen einen erheblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen von Familien mit Kindern haben und dass eine Interdependenz zwischen Familienbeziehungen, Familienstrukturen, Unterstützungsleistungen für Familien und spezifischen Dimensionen der Quartiere besteht.
Theoretisch folgen wir dabei einem Netzwerkansatz, der bereits in den früheren Studien angedacht wurde, aber erst seit etwa zehn Jahren Eingang in die Familienforschung gefunden hat. Die Netzwerktheorie hilft uns, das Projekt in die aktuelle Diskussion um das Sozialkapital in modernen Gesellschaften einzubinden, da primäre familiäre Bindungen Teil jenes Sozialkapitals sind, das für die Entwicklung von modernen Gesellschaften von großer Bedeutung ist. Der Vergleich in konkreten städtischen Quartieren vor dem Hintergrund der Daten aus den sechziger Jahren und den zur Verfügung stehenden Daten der amtlichen Statistik hilft uns, die in der Soziologie häufig anzutreffende Annahme gleichförmiger Entwicklungen von Lebensformen empirisch zu überprüfen.