Soziale Netzwerke, soziale Unterstützung und Lebensformen in europäischen Großstädten
Anfang der 70-er Jahre gab es eine Reihe empirischer Untersuchungen zur Entwicklung sozialer Beziehungen und familiäre Lebensformen in europäischen Großstädten. Im Gegensatz zu der damals weit verbreiteten Annahme, dass Beziehungen und familiäre Strukturen in städtischen Milieus besonders brüchig seien, konnten die Autoren wiederholt zeigen, dass Beziehungen in diesen städtischen Milieus teilweise recht stabil waren.
Da heute in der soziologischen Theoriediskussion wiederum das Zerbrechen von Ligaturen und familiären Beziehungen behauptet wird und inzwischen auch Teil der öffentlichen Wahrnehmung von Familie und Sozialbeziehungen geworden ist, wird in dieser Untersuchung zunächst eine Replikation der damaligen Forschung in den gleichen Quartieren deutscher Großstädte geplant.
Theoretisch wird dabei einem Netzwerkansatz gefolgt, der damals ansatzweise versucht wurde, aber erst seit etwa zehn Jahren Eingang in die Familienforschung gefunden hat. Dieser netzwerktechnische Zugang ermöglicht es, das Projekt mit der aktuellen Diskussion um das Sozialkapital in modernen Gesellschaften zu verbinden, weil primäre familiäre Bindungen Teil jenes Sozialkapitals sind, das für die Entwicklung von modernen Gesellschaften von großer Bedeutung ist.
Der Vergleich in konkreten städtischen Quartieren vor dem Hintergrund teilweise noch vorhandener Primärdaten aus den siebziger und der auch zur Verfügung stehenden amtlichen Strukturdaten wird es auch ermöglichen, zu prüfen, ob die in der Soziologie häufig anzutreffende Annahme gleichförmiger Entwicklungen von Lebensformen empirisch richtig ist. Viele Annahmen der aktuellen Globalisierungstheorien entsprechen den Modernisierungstheorien der siebziger Jahre, die damals teilweise empirisch falsifiziert werden konnten.